Axillalappen (lateraler thorakaler Lappen)
Lappenart: | kutan (haartragend) |
Größe: | Je nach Form und Kombination |
Gefäße: | Je nach Form: A. thoracodorsalis oder A. thoracalis lateralis, |
Durchmesser: | um 3 mm |
Stiellänge: | bis 10 cm, je nach Design |
Sensibilität: | keine (segmental) |
Vorteile: | – gute Kombinationsmöglichkeiten – gute Variationsmöglichkeiten (haartragende Lappen) – dünner Lappen |
Nachteile: | – wechselnde Gefäßversorgung, einzelne Arterien inkonstant – als einzelner freier Lappen schwierig zu präparieren – relativ dünne Gefäße – u.U. kurzer Gefäßstiel |
Geschichte
1975 schlugen deConinck und Mitarbeiter als erste einen thorakodorsalen Hautlappen zum mikrovaskulären Transfer vor. Nachdem im gleichen Jahr Taylor und Daniel die Anatomie des freien axillären Lappens weiter untersucht hatten, gelang der Gruppe um Baudet 1976 der erste freie Transfer eines thorakodorsalen axillären Lappens.
Indikation
Schon seit langer Zeit wurde der axilläre Lappen fast vollständig durch die zuverlässigeren Latissimus dorsi- und Skapularlappen ersetzt. Wegen der inkonstanten Gefäßanatomie und der schwierigen Präparation kann er auch zum routinemäßigen Gebrauch nicht empfohlen werden. Zur Erweiterung anderer, auf der Arteria subscapularis basierender Lappentechniken (Latissimus dorsi, Serratus anterior, Skapularlappen) wird der axilläre Lappen jedoch gelegentlich benutzt.
Anatomie
Die axillären oder lateralen thorakalen Lappen beruhen auf drei Arterien und können einzeln oder zu mehreren mit den beschriebenen muskulokutanen Lappenplasiken kombiniert werden. Die entsprechend möglichen Lappen sind in der Abbildung 33 dargestellt.
- Die Arteria thoracodorsalis gibt neben den Ästen für den Musculus latissimus dorsi und für den Musculus serratus anterior einen direkten Hautast ab. Meistens ist dieser Hautast eher dünn und gelegentlich fehlt er.
- Andererseits geht aus der Arteria thoracalis lateralis neben dem Ast für den Musculus pectoralis major ein Hautast in die Axilla ab. Dieser Hautast verläuft entlang der lateralen Kante des Musculus latissimus dorsi. Bei der Frau besteht hier ein dicker Ast zum Brustdrüsengewebe. Auch die Arteria thoracalis lateralis kann gelegentlich nicht dargestellt werden (in 3 von 20 Fällen bei Taylor und Daniel oder 2 von 11 Fällen bei Harii et al.
- Zusätzlich besteht eine Arterie, die direkt aus der Arteria axillaris entspringt und zwischen den beiden oben beschriebenen Arterien verläuft. Diese Arterie versorgt Axilla und laterale Thoraxwand als direkte Hautarterie (Arteria thoracalis lateralis accessoria). Der Ursprung dieser Arterie kann variieren, ist aber normalerweise direkt auf der Vorderfläche der Arteria axillaris, zwischen Arteria subscapularis und lateraler thorakaler Arterie, zu finden. Der Hauptast zieht direkt zur Mammille, ein Nebenast zieht auch zur axillären Haut des Oberarms. Der venöse Abstrom aus diesen Lappengebieten erfolgt über Venae comitantes direkt in die Vena axillaris.
Planung
Alle axillären Lappenplastiken liegen in einem Gebiet, das oben durch die Arteria axillaris, unten durch die 8. Rippe, vorne durch die laterale Kante des Musculus pectoralis major und hinten durch die laterale Kante des Musculus latissimus dorsi begrenzt ist. Diese Grenzen lassen sich bei der Kombination des axillären Lappens mit anderen Lappenplastiken natürlich überschreiten.
Verschiedene Lappentypen sind möglich:
- achselhaartragender Lappen
- osteokutaner Lappen (mit Rippenanteilen)
- Kombination mit Musculus latissimus dorsi bzw. Musculus pectoralis
Der Gefäßdurchmesser der direkten Hautarterie (Arteria thoracalis lateralis accessoria) liegt bei 1,2 bis 1,5 mm.
Die Gefäßstiellängen sind je nach verwendeter Lappenplastik stark unterschiedlich. Gerade beim (Achsel-) haartragenden Lappen kann der Gefäßstiel sehr kurz sein.
Der auf der akzessorischen lateralen thorakalen Arterie beruhende Lappen ist dünn.
Hebedefekt
Der Hebedefekt in der Axilla, beziehungsweise an der lateralen Thoraxwand, ist nach Hautmobilisation gut zu verschließen. Die entstehende Narbe ist gut zu verdecken, das Risiko der Entstehung hypertropher Narben ist gering. Nach Möglichkeit ist darauf zu achten, daß die Hautinsel so gelegt wird, daß keine die vordere Axillarlinie überkreuzenden Narben entstehen.
Operation
Einzeichnen der Lappen
Zur Operationsplanung wird die Arteria axillaris, der Hinterrand des Musculus pectoralis, der Vorderrand des Musculus latissimus dorsi und die Oberkante der 8. Rippe markiert. Überwiegend wird der Axillalappen dann als Erweiterung einer muskulokutanen Lappenplastik (Latissimus dorsi, Pektoralis), gelegentlich auch der fasziokutane Lappen allein angezeichnet.
Lagerung und Anästhesie
Je nach gewünschter Kombination bevorzugt man meist die Seitenlagerung des Patienten. Dementsprechend führt man die Operation auch in Vollnarkose durch.
Präparation
Über eine kurze axilläre Hautinzision stellt man zunächst die axillären Gefäße und die Arteria subscapularis dar. Zur Orientierung sucht man die Arteria thoracodorsalis auf, bei Bedarf auch die Arteria und Vena thoracalis lateralis. Man kann dann die Hautarterien beurteilen und das gewünschte Gefäß zur Haut antegrad präparieren, unter Schonung des Nervus thoracodorsalis, bzw. Nervus thoracicus longus.
Nachdem die entsprechenden Gefäße dargestellt sind, wird der Lappen weiter umschnitten. Der Lappen kann auch mit zwei versorgenden Gefäßen gehoben werden, was sich besonders anbietet, wenn die Arteria thoracalis lateralis und die Arteria thoracodorsalis gemeinsam aus der Arteria subscapularis entspringen.
Bei Bedarf kann der Gefäßstiel auch die Arteria subscapularis mit einbeziehen.
Literatur
Baudet, J., J.C. Guimberteau and E. Nascimento: Successful Clinical Transfer of Two Free Thoraco-Dorsal Axillary Flaps. Plastic and Reconstructive Surgery 58 (1976): 680.
Cormack, G.C. and B.G.H. Lamberty: The anatomical vascular basis of the axillary fasciocutaneous pedicled flap. British Journal of Plastic Surgery 36 (1983): 425.
de Coninck, A., E. Vanderlinden and W. Boeckx: The Thoracodorsal Skin Flap; A Possible Donor Site in Distant Transfer of Island Flaps by Microvascular Anastomosis. Chirurgia plastica 3 (1976): 283.
Harii, K., S. Torii and J. Sekiguchi: The Free Lateral Thoracic Flap. Plastic and Reconstructive Surgery 62 (1978): 212.
Taylor, G.I. and R.K. Daniel: The Anatomy of Several Free Flap Donor Sites. Plastic and Reconstructive Surgery 56 (1975): 243.