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Beckenkamm-Lappen

M. Schwarz und M. Geishauser

Lappenart: osteokutan, rein ossär
Größe: bis 16 cm Länge
Gefäße: A. circumflexa ilium profunda, 2 V.e comitantes
Durchmesser: 2 bis 3 mm
Stiellänge: 5 bis 7 cm
Sensibilität: keine
Vorteile: – sehr viel spongiöser Knochen
– Knochenmodellierbarkeit
Nachteile: – anspruchsvolle Präparation
– Gefahr der Nervenschädigung (N. cutaneus lateralis)
– ästhetisch oft ungünstiger Hebedefekt

Geschichte

Dieser kombinierte Knochen-, Muskel- und Hautlappen in der Leiste wurde 1979 von Taylor erstmals beschrieben. Taylor untersuchte die Variationen des Gefäßverlaufes des klassischen Leistenlappens und stellte erste Versuche an, Knochen an der Arteria circumflexa iliaca superficialis gestielt zu übertragen. An Ausgußpräparaten erkannte er, daß die wesentliche Gefäßversorgung der Darmbeinschaufel von der Arteria circumflexa ilium profunda stammt.

Indikation

Die an der Arteria circumflexa ilium profunda gestielte Lappenplastik findet ihre hauptsächliche Anwendung dann, wenn große Stücke gut durchbluteten und stabilen Knochens gefordert werden. Durch den freien Transfer ist es zum Beispiel möglich, einen gesamten Unterkieferast versorgt an diesem Gefäß herzustellen.

Anatomie

Die Arteria circumflexa ilium profunda entspringt aus der Arteria iliaca externa, 1 cm proximal des Leistenbandes, in etwa gegenüber dem unteren epigastrischen Gefäß. Sie verläuft nach lateral, parallel dem Leistenband, unmittelbar unter der Transversusfaszie und gibt einen ersten kräftigen Ast in Höhe des vorderen Darmbeinstachels ab. Dieser aufsteigende Ast läuft zwischen Musculus transversus und Musculus obliquus internus und versorgt diese beiden Muskeln.

Abbildung 91: Anatomie des freien Beckenkamm-Knochentransfers.

Der Hauptast verläuft entlang der Darmbeinkante zwischen Transversusansatz und Ursprung des musculus iliacus. Entlang des Verlaufes gibt er mehrere Äste in die Darmbeinschaufel ab sowie zur unmittelbar über der Darmbeinkante liegenden Haut und dem Musculus iliacus.

Die venöse Drainage erfolgt im wesentlichen über Begleitvenen, die sich kurz nach Beginn des Leistenbandes zu einem Venenhauptstamm vereinigen, der das Blut dann in die Vena iliaca externa drainiert.

Das Hauptversorgungsgebiet der Arteria circumflexa ilium profunda ist das Darmbein. Die darüberliegende Haut und auch der Muskel sind nicht so sicher versorgt von diesem Gefäß. Die Hautspindel sollte nicht größer als 5 cm breit entnommen werden.

Abbildung 92: Topografische Anatomie des freien Beckenkamm-Knochentransfers.

Planung

Dieser vorwiegend für den Knochenersatz gebrauchte Lappen hat bei langem, großkalibrigen Gefäßstiel den Vorteil einer guten Qualität und erheblichen Größe des Knochens. Sein Hautanteil, der zur Durchblutungskontrolle mitgenommen wird, ist dagegen nur klein.

Hebedefekt

Beim Hebedefekt ist der exakte Verschluß der muskulären vorderen Bauchwand wichtig, um eine spätere Herniation zu vermeiden. Der Hautverschluß des Hebedefektes bereitet in aller Regel keine Schwierigkeiten. Einem paralytischen Ileus sollte durch schonenden Kostwiederaufbau postoperativ vorgebeugt werden.

Durch den Ansatz mehrerer großer Muskelgruppen an der Darmbeinschaufel ist die postoperative Mobilisation manchmal schmerzhaft und muß mit der nötigen Vorsicht geschehen. Auch ein evtl. geopferter Nervus cutaneus lateralis wirkt anfangs im postoperativen Verlauf für den Patienten irritierend. Die langfristig ästhetischen und funktionellen Ergebnisse bezüglich der Hebemorbidität sind vor allem dann gut, wenn es gelingt, die Silhouette des Beckenkamms durch eine Knochenentnahme auf der Innnenseite des Beckens zu erhalten.

Operation

Einzeichnen des Lappens

Präoperativ sollte der vordere Darmbeinstachel, der Kamm der Darmbeinschaufel, das Leistenband und der Verlauf der Femoralgefäße angezeichnet werden. Die Hautellipse sollte über dem Darmbeinkamm liegen, wobei aus ästhetischen und funktionellen Gründen der vordere Darmbeinstachel außerhalb der Ellipse zu liegen kommen sollte.

Lagerung und Anästhesie

Der Patient sollte wie für eine Laparatomie vorbereitet werden. Es ist zwar eine Lumbalanästhesie möglich, sie empfiehlt sich aber aus psychologischen Gründen nicht, da Säge und Meißelgeräusche erfahrungsgemäß schlecht toleriert werden.

Präparation

Der Hautschnitt erfolgt parallel knapp oberhalb dem Leistenband.

Ähnlich wie bei der Leistenhernienoperation wird transinguinal unter Beiseitehalten der Samenstranggefäße nach medial weiterpräpariert, bis in die Tiefe auf die Fascia transversalis.

Abbildung 93: Präparation des freien osteofasziokutanen Beckenkamm-Transfers.

 

Die Fascia transversalis wird eingeschnitten und die Arteria iliaca externa aufgesucht. In aller Regel ist als erstes die Arteria epigastrica inferior zu erkennen. Entlang dieser kann relativ leicht die Arteria iliaca externa aufgesucht werden, und genau lateral des Abgangs der Arteria epigastrica inferior findet sich der Abgang der Arteria circumflexa ilium profunda. Hier ist lediglich die Begleitvene zu beachten, die an dieser Stelle die Arteria iliaca externa überkreuzt, um in die Iliakalvene zu münden.

Nachdem nun Vene und Arterie identifiziert sind, ist die weitere Präparation im lockeren retroperitonealen Fett bei geeigneter Assistenz relativ einfach. Die nächste Schwierigkeit entsteht erst unmittelbar ventral des vorderen Darmbeinstachels. An dieser Stelle gibt die Arteria circumflexa iliaca profunda einen kräftigen Hautast, den Ramus ascendens ab. Dieser muß ligiert werden.

In unmittelbarer Nachbarschaft dieser Gabelung überkreuzt der Nervus cutaneus lateralis den Gefäßstrang und sollte sorgfältig geschont werden. Ist erst einmal die Darmbeinschaufel erreicht, wird die Präparation wieder wesentlich einfacher. In der Grube zwischen den Ansätzen des Musculus transversus und Musculus iliacus verläuft das Gefäß mit der Begleitvene parallel zum Kamm des Darmbeines nach dorsal. Aus Sicherheitsgründen sollte eine kleine Manschette des Musculus iliacus bei der Resektion am Knochenpräparat verbleiben. Auf dem Kamm des Darmbeines kann das Periost und die Transversalisfaszie scharf abpräpariert werden, falls lediglich ein freies Knochentransplantat zur Verwendung kommen soll.

Ist geplant, auch eine Hautspindel zu verpflanzen, muß der Darmbeinkamm mit der darüber liegenden Hautspindel in Kontinuität bleiben. In diesem Fall erfolgt nun die Präparation von dem spindelförmigen Hautschnitt aus in Richtung auf die Darmbeinschaufel, wobei auf der Lateralseite die Ansätze des Musculus tensor fasziae latae und der Glutaealmuskulatur scharf abgelöst werden müssen, auf der Medialseite die Ansätze des Musculus obliquus externus. Sowohl von lateral als auch medial kann nun das erforderliche Knochensegment in der gewünschten Form entnommen werden.

Es ist, wenn immer möglich, so zu planen, daß der vordere Darmbeinstachel unberührt bleibt, um die Ansätze des Musculus sartorius und des Leistenbandes nicht zu stören und die ästhetische Beckenkontur zu erhalten. Bei schwieriger Präparation ist manchmal der Nervus cutaneus lateralis zu opfern, um den Gefäßstiel in Höhe des vorderen Darmbeinstachels nicht zu gefährden. Da keine große Hautinsel zu entnehmen ist, ist ein primärer Verschluß des Hebedefektes immer möglich. Hierbei ist auf eine schichtweise Adaptation der Muskelfaszie zu achten.

Dieser kombinierte Haut-Muskel-Knochenlappen hat immer einen langen Gefäßstiel von mindestens 6 cm. Die Gefäße sind gut definiert, und sowohl Vene als auch Arterie sind selten kleiner als 2 mm im Durchmesser.

Abbildung 94: Osteofasziokutaner Beckenkammlappen.

Bei der Präparation müssen die Samenstranggefäße beim Mann unbedingt geschont werden. Auch bei der Darstellung des Abgangs der Arteria circumflexa iliaca profunda wird gelegentlich die Begleitvene, die die Beckenschlagader an dieser Stelle überkreuzt, verletzt. Aus Angst vor einer Denudation des Gefäßstieles wird oft eine breite Muskelmanschette am Knochen belassen, so daß der Lappen gelegentlich etwas zu voluminös wird. Bei weiterer Dissektion am entnommenen Lappen unter dem Operationsmikroskop kann der mitentnommene Muskel in seiner Masse reduziert werden.

Literatur

Koshima, I., H. Yamamoto, M. Hosoda, T. Moriguchi, Y. Orita and H. Nagayama: Free Combined Composite Flaps Using the Lateral Circumflex Femoral System for Repair of Massive Defects of the Head and Neck Regions: An Introduction to the Chimeric Flap Principle. Plastic and Reconstructive Surgery 92,3 (1993): 411.

Riediger, D.: Restoration of Masticatory Function by Microsurgically Revascularized Iliac Crest Bone Grafts Using Enosseous Implants. Plastic and Reconstructive Surgery 81,6 (1988): 861.

Schmelzle, R.: Das gefäßgestielte Beckenkammtransplantat und seine Anwendung im Kieferbereich. Handchirurgie, Mikrochirurgie, Plastische Chirurgie 18 (1986): 376.

Stock, W., J. Randzio, D. Wilker und E. Dielert: Das mikrovaskulär-anastomosierte Beckenkamm-Transplantat zu Unterkiefer-Rekonstruktion. Handchirurgie, Mikrochirurgie, Plastische Chirurgie 19 (1987): 81.

Taylor, G.I., P. Townsend and R. Corlett: Superiority of the Deep Circumflex Iliac Vessels as the Supply for Free Groin Flaps: Experimental Work. Plastic and Reconstructive Surgery 64 (1979): 595.

Taylor, G. and N. Watson: One-stage Repair of Compound Leg Defects with Free Revascularized Flaps of Groin Skin and Iliac Bone. Plastic and Reconstructive Surgery 61 (1978): 494.

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